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Mittwoch, 22. Oktober 2014

Für die Herbeiführung barbarischer Zustände: Deutsche Neocons

Nicht im Sinne deutscher Neocons: Protest gegen die unheilige Allianz von IS und türkischer Regierung in Rostock, 12.10.2014


Wenn deutsche Neocons jüngst, ausgerechnet angesichts der Bedrohung der Kurden von Rojava durch den sunnitisch-djihadistischen "Islamischen Staat", in aggressiver Weise ihre Kampage gegen den syrischen Präsidenten Assad wiederaufleben ließen und hierbei nicht davor zurückschreckten, der IS-freundlichen türkischen Regierung für ihre kompromisslose Haltung zu Assad Respekt zu zollen, so ist dies alles andere als ein unglücklicher publizistischer Zufall.

In einer Buchrezension von 2010 schrieb ich über die antizionistische politische Linke der BRD (wobei ich damals v. a. den linken Flügel von Rot-Grün im Auge hatte):
"Seit den 1990er Jahren standen die Propagandakolonnen dieser „Linken“, nachdem sie noch wenige Jahre zuvor den Verteidigungskrieg des Vereinigten Königreiches gegen die argentinische Junta vehement verurteilt hatten, vor allem im Kontext der Zerschlagung Jugoslawiens verläßlich bereit, wenn es um die Propagierung durchaus völkerrechtswidriger Gewaltanwendung zugunsten von Faschisten ging, etwa der Anhänger des bosnischen Islamisten Izetbegovic oder der Rassisten der albanischen UCK. Ob sie sich zu Algerien, Tschetschenien, Dagestan, Sinkiang oder Kaschmir äußern: Die Empathie, die deutsche (und andere alteuropäische) „Linke“, welche für den Expansionismus der argentinischen Staatsterroristen getrommelt hatten, Gewaltsezessionisten und anderen „Oppositionellen“ entgegenbringen, die die Souveränität bestehender Nationalstaaten attackieren – und zwar stets zugunsten der „feudalen Rechten“, als welche Oriana Fallaci den Islam identifizierte –, ist notorisch."
Erscheint es nicht als seltsam, dass in den vergangenen Jahren praktisch die Gesamtheit der Publizisten, die als deutsche Neocons bezeichnet werden können - von der Jungle World über DIE WELT bis zur Achse des Guten - fast überall auf der Welt gemeinsam auch mit grünen Israel-Feinden wie Marieluise Beck* stets zuverlässig Partei für die äußerste Barbarei bezogen haben, ob sie sich zur "Arabellion" äußerten, zu Libyen**, zu Syrien*** oder zur Ukraine****? Es ist vorauszusehen, dass das Gros dieser Leute in absehbarer Zeit ihre erklärte Solidarität mit der jüdischen Republik aufkündigen wird. (Gesetzt den Fall, Israel würde sich in einer weltpolitisch wichtigen Frage so dezidiert gegen die Nato und für Russland, China und/oder Indien positionieren, wie Ariel Scharon dies 1999 mit Blick auf den Angriff auf Jugoslawien tat, so wäre es mit ihrer Israel-"Solidarität" ohnehin vorbei, und man fände endlich auch "palästina"politisch zu Beck und Erdogan.) Denn warum sollten, in der Perspektive der deutsch-neokonservativen Sehnsucht nach dem Ausnahmezustand, ausgerechnet ein paar Millionen Juden und mit diesen einige Hunderttausende Araber das Recht auf die Verteidigung auch nur eines Minimums von Demokratie und Verfassungsstaatlichkeit haben, während gleichzeitig allen Libyern, Syrern, Kurden, Irakern, Ukrainern das Recht, mordenden Djihadisten oder Nazis Widerstand zu leisten, ostentativ abgesprochen wird?


* Zum herausragenden Beitrag MdB Marieluise Becks zur antiisraelischen Boykottkampagne siehe http://dighochschulgruppe.wordpress.com/2013/06/21/israel-solidaritat-emporung-uber-marieluise-becks-versteckten-boykott-aufruf/.

** So gab noch 16 Monate nach der bestialischen Ermordung des semi-säkularen libyschen Revolutionsführers Gaddafi durch Djihadisten im Oktober 2011 der Jungle-World-Autor Thomas von der Osten-Sacken unter dem Titel "Bye-bye, Gaddafi!" zum Besten: "Der Krieg gegen Gaddafi war ein gerechter und die Libyer haben nun die Chance erhalten, ihr Land neu zu gründen und sich von 42 Jahren Gaddafi-Diktatur zu verabschieden."

*** Im Februar 2014 (sic), nach drei Jahren eines von djihadistischen Mörderbanden ausgelösten Bürgerkrieges, initiierten führende neokonservative deutsche Publizisten die Kampagne "Freiheit für Syrien". Zu den Erstunterzeichnern gehört mit von der Osten-Sacken ein Autor, der nie einen Hehl aus seinen Sympathien für die islamistisch dominierte "Freie Syrische Armee" (FSA) machte.

**** Vgl. http://danielleonschikora.blogspot.de/2014/09/deutscher-maoismus-von-der-pol-pot-zur.html. - Zu den Verstrickungen des antirussischen (west-)ukrainischen Neofaschismus in djihadistische Terroraktivitäten siehe http://danielleonschikora.blogspot.de/2014/03/braun-grune-internationale-des.html.

Donnerstag, 22. August 2013

Pluralismus-Nutznießer der Woche: Wolfgang Röhl

Der Achgut-Autor Wolfgang Röhl bewirbt die "arte"-Sendung "Churchills größtes Spiel" mit der Bemerkung, man könne aus ihr "erfahren, wie der ahnungsloseste, historisch verhängnisvollste US-Präsident aller Zeiten hieß". Der verhängnisvollste US-Präsident aller Zeiten, so Röhls Botschaft, war 1933-45 im Amt; gemeinsam mit Churchill und Stalin nahm er uns den Führer. Dabei sollte Röhl jedoch nicht gänzlich ausblenden, was das "Verhängnis" ihm und seinesgleichen Gutes brachte: Es gab seiner Bloggerkollegin Vera Lengsfeld Anlass, John Demjanjuk in rührender Weise als Opfer einer politischen Justiz Israels zu porträtieren, und ermöglichte es zudem dem kaum weniger dummen Akif Pirinçci, einen von Einwanderern ausgehenden "Genozid" an jungen deutschen Männern zu diagnostizieren.

Der exzessive Pluralismus, wie er bei Achgut praktiziert wird, verdankt seine institutionelle Garantierung dem "verhängnisvollen" Sieg der amerikanischen Demokratie und ihrer Verbündeten über den Hitlerfaschismus.

Freitag, 2. August 2013

„Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ als permanenter Ausnahmezustand*

In einer am 19. Januar 2008 gehaltenen „militärpolitischen Grundsatzrede“ bemerkte Machmut Achmetowitsch Garejew, Präsident der Akademie für Militärwissenschaften Russlands, dass „die gesamte westliche Demokratie weit von dem entfernt ist, was dieser Begriff ursprünglich enthielt“. Ein Blick auf die Entscheidungsfindungsprozesse hinsichtlich der „Zypern-Rettung“ erscheint kaum als geeignet, diesen Befund zu widerlegen.
Zu den Leidtragenden der „Rettung“ Griechenlands gehörten die beiden größten zypriotischen Banken, die das bei ihnen angelegte Kapital großenteils in Staatsanleihen Griechenlands angelegt hatten und daher aufgrund des Schuldenschnitts zulasten von dessen Gläubigern Milliardenverluste in einem Ausmaße zu verzeichnen hatten, dass „die größte Bank Zyperns beinahe und die zweitgrößte vollständig in die Pleite“ gingen (Claus Peter Ortlieb, Gerechtes Scheitern? Die ‚Zypern-Rettung‘ und das neue Paradigma der europäischen Krisenverwaltung, KONKRET 5/13).
Das der Republik Zypern durch die „Troika“ aus IWF, EZB und Europäischer Kommission oktroyierte „Modell“ der „Rettung“ stellt – abgesehen von dem antidemokratischen Charakter seiner Durchsetzung – einen in der Geschichte der bürgerlichen Demokratien präzedenzlosen Eingriff in gesetzlich garantierte individuelle Eigentumsrechte dar: Während nur ein (kleinerer) Teil der für die Bankenrettung für erforderlich gehaltenen Gelder „von außen“ zur Verfügung gestellt werden, soll der zypriotische Staat dazu genötigt werden, Spareinlagen der Gläubiger über hunderttausend Euro der in verheerender Weise durch die Ruinierung Griechenlands betroffenen Banken mit einer Zwangsabgabe von 40 bis 60 % zu belegen. Alarmierend auch für eine breitere gesamteuropäische Öffentlichkeit wirkte der Umstand, dass anfangs ins Auge gefasst wurde, selbst Spareinlagen unter hunderttausend Euro in den Plünderungsfeldzug miteinzubeziehen. Der Shooting Star des britischen Souveränismus, Nigel Farage, Vorsitzender der UK Independence Party, sprach sich im März 2013 gegen jedwede Investitionen in der Euro-Zone aus, denn diese werde „jetzt von Leuten regiert, die weder Demokratie noch Rechtsstaatlichkeit respektieren, noch die Grundsätze achten, auf denen die westliche Zivilisation basiert“.
Unmittelbar zuvor hatte das zypriotische Parlament einstimmig das EU-Diktat abgelehnt. Wenige Wochen später, nachdem die Mitte-Rechts-Koalitionsregierung Zyperns, deren Parteien über eine knappe Mehrheit im Parlament verfügen, davor gewarnt hatte, das Land würde im Falle einer Ablehnung vor einem Kollaps stehen, stimmte das Parlament jedoch einer modifizierten Fassung des „Hilfspakets“ zu. Somit führte die Strategie der Legitimierung quasi exekutivstaatlicher Oktrois „systemrelevanter“ Entscheidungen durch deren post festum Absegnung durch die betroffenen Volkssouveräne wieder einmal beim zweiten Anlauf zu einem „Erfolg“. Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass vor fünf Jahren – im Juni 2008 mit Irland das einzige Land, in dem der Volkssouverän direkt über den EU-„Reformvertrag“ abstimmen konnte, diesen Vertrag zunächst ablehnte – bis vier Monate später die Regierung „aufatmen“ (DIE ZEIT) konnte, als ein erneutes Referendum zum gegenteiligen Ergebnis führte.
Die Krone setzte dem rechtsnihilistischen Umgang der EU-Organe mit einem EU-Mitgliedstaat die Initiative von MdEP Daniel Cohn-Bendits auf, „angesichts der Europawahlen 2014 zwei Beobachter als Vertreter der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft ins Europaparlament einzuladen“. Wenngleich der entsprechende Antrag im EU-Parlament mit 412 gegen 135 Stimmen abgelehnt wurde, führt der Umstand, dass ein nicht unerheblicher Teil der Europaparlamentarier bereit ist, nach dem Vorbild der völkerrechtswidrigen Anerkennung der „Republik Kosovo“ in dem Staatsterritorium der Republik Serbien die territoriale Integrität eines bereits 2004 der EU beigetretenen Landes offiziell zu negieren, in drastischer Weise die Nichtexistenz einer „Werte- und Interessensgemeinschaft“ EU (Joseph Martin Fischer) vor Augen.

Daniel Leon Schikora

* Erstveröffentlicht in: EUROjournal, 2/2013, 3-4.